Am Abend zuvor war es draußen richtig kalt geworden und auch an diesem Morgen war es kalt, als wir zusahen, wie die Sonne langsam aufging. Wir hatten noch ein paar Minuten, bis unser Shuttle starten sollte – genug Zeit für die Rezeptionisten, die Lunchpakete zwischen dem zweiten Pärchen und uns dreimal zu vertauschen. Egal, Hauptsache etwas zu essen für unterwegs, denn der heutige Tag sollte nicht einfach werden. Einen kleinen Vorgeschmack hatten wir ja bereits gestern erhalten.

Wie am Tag zuvor bereits richtig eingeschätzt, hätten wir es mit unserem Fahrzeug niemals bis zum Parkplatz geschafft. Selbst unserer erfahrener Fahrer benötigte eine knappe Stunde für die 7km. Angekommen, mussten wir noch eine weitere Wandergebühr von 100Rand pro Person entrichten und uns in ein Buch eintragen, damit nachvollziehbar war, wer sich auf dem Sentinel Trail befindet, oder bereits zurück ist. Es war auch interessant zu erfahren, dass der Parkplatz- und Buchwächter jeweils eine 7-Tage-Schicht hat, die er komplett allein hier oben in einer Holzhütte verbringt.

Der Weg startete recht einfach und kaum Steigung, doch dies sollte sich recht schnell ändern. Wo zunächst der Weg noch gerade war und aus Steinplatten bestand, war dies schnell Geröll und steilen Serpentinen gewichen. So gingen wir weiter den Weg empor bis zum ersten Aussichtspunkt. Dort legten wir direkt am Abgrund eine Rast ein um etwas aus den Lunchpaketen zu verzehren und so begann er, der „Tag des Meckerns”.

Für den Beginn waren zunächst einmal der Abgrund zu tief und der Apfelsaft zu kalt. Also suchten wir uns eine andere Stelle, etwas weiter den Weg zurück. Dort Platz genommen, war der Schinken auf dem Toast zu salzig, der Müsliriegel zu hart – ebenso wie die Apfelschale.

Dennoch gingen wir frohen Mutes weiter den beschwerlicher werdenden Pfad, welcher uns nun bis fast zum Ziel ständig 20cm neben dem Abgrund – stellenweise weit über 500m – entlang führte. Das Meckern ging lautstark weiter als wir zu Stellen gelangten, an denen wir … nunja … sagen wir „leichte“ Kletterkünste benötigten. Andreas schob sich katzengleich über eine schräge, glatte Schieferplatte direkt am Abgrund, nur um festzustellen, dass Melanie verschwunden war. Sie hatte einen kleinen Umweg gefunden, der weniger gefährlich war. Dies sollte bis zum Zwischenziel nicht das letzte Mal bleiben.

Unser Zwischenziel waren die berühmt berüchtigten Kettenleitern. Ein Abschnitt bei dem man über 2 „Leitern“ die nur an einer Stelle fixiert sind, senkrecht eine Felswand emporsteigt. Die erste Leiter war ca. 40m lang, die zweite etwa 20m. Nach eingängiger Prüfung des Materials und vielleicht mehreren Anläufen, schafften wir es beide – mit dem ein oder anderen Fluch auf den Lippen – bis nach oben auf ein ebenes Plateau.

Der Großteil des Weges war geschafft. Wir hatten noch knappe 2km ebener Strecke vor uns, um zu den Tugela Wasserfällen zu gelangen. Mit 948m die höchsten Wasserfälle Afrikas. Es war beeindruckt hier oben zu stehen und in die Tiefe zu blicken. Selbst Andreas, dem Höhe sonst nichts ausmacht hatte ein leicht mulmiges Gefühl im Magen, als er am Abgrund stand – Zäune oder andere Sicherheitsmaßnahmen gab es hier oben nicht.

Wir verbrachten etwa eine Stunde hier oben in der Höhensonne. Dies sollten wir am Abend noch recht schnell bemerken. Der Abstieg gelang uns recht schnell. Nach 1,5h trafen wir wieder am Parkplatz ein, da wir die gefährlichen Stellen ja bereits kannten. Der Aufstieg hatte uns übrigens 3,5h gekostet.

Das Mecker-Motto des Tages sollte aber noch nicht vorbei sein. Wir versuchten mehrfach mit der Lodge in Kontakt zu treten, um abgeholt zu werden. Nach etlichen Versuchen gelang eine Verbindung, dennoch warteten wir knapp 2h auf die Abholung. Das erste Fahrzeug blieb 2km vor dem Parkplatz defekt liegen und so musste aus dem nächsten Dorf ein neues Fahrzeug mit neuem Fahrer organisiert werden.

Die Fahrt zur Lodge war sehr unterhaltsam, da unser Fahrer sehr interessiert an Deutschland und vor allem dem Thema „Adolf“ war.

Wieder waren wir weit hinter unserem Zeitplan. Mel trieb Andreas stetig an, während wir noch 400km mit dem Auto zurücklegten. Eine Pause machten wir unterwegs nur, um in letzter Minute noch einen PCR-Test zu organisieren, den wir dringend für den weiteren Reiseverlauf benötigten.