Nachdem wir Tags zuvor noch per Bus nach Protaras gefahren waren, unser Hotel bezogen und Melanie alle Vorbereitungen für ihren heutigen Tauchgang geklärt hatte, begann der Tag für Andreas sehr ruhig. Während Mel also seit 08Uhr mit „Herbie“ Hubert und Anderen unter der Wasseroberfläche am Tauchplatz Musan unterwegs war, verbrachte er einige Stunden mit Relaxen in der Sonne.

Hubert war Österreicher, der bereits in den 80er Jahren nach Zypern gekommen war. Herbie war damals UN-Soldat und hatte uns bereits am Abend zuvor etliche Geschichten erzählen können. Gespannt lauschten wir ihm und unterhielten uns mehrere Stunden, obwohl die Formalitäten und der Ausrüstungs-Check eigentlich nur 30min gedauert hatten.

Nachdem Mel vom Tauchen zurückgekehrt war und sich erfrischt hatte, starteten wir weiter zu unserer Reise in den Norden. Wir nahmen einen Bus nach Paralimni und fanden dort heraus, dass wir einen weiteren Bus bis fast zur Green-Line, der Grenze und UN-Pufferzone zwischen dem südlichen und nördlichen Teil Zyperns nehmen konnten.

Nachdem wir den Bus verlassen hatten, führte uns ein kurzer Fußmarsch zum Grenzposten. Mit unseren Taschen in den Händen und Rucksäcken mischten wir uns dreist zwischen den Pkw-Verkehr – einen Grenzübergang für Fußgänger gab es nicht. Ein kurzes übergeben und einscannen unserer Personalausweise später, hatten wir zu Fuß die EU verlassen und waren nun in der Türkischen Republik Nordzypern. Unser nächstes Ziel war die Stadt Famagusta oder Gazimaǧusa (ab hier hatten die meisten Städte zwei Bezeichnungen). Leider hatten wir nicht bedacht, dass an der Grenze weder Taxis, Uber, noch Busse zur Verfügung standen. Bis zu unserem Ziel waren es allerdings noch weitere 7km und Mel schlug vor, es per Anhalter zu probieren. Nachdem Andreas bereits wieder vor Scham im Boden versinken wollte und mehrere zypriotische Fahrzeuge einfach an uns vorbeigefahren waren, hielt ein türkischer Arbeiter mit einem Pick-Up von sich aus neben uns und lud uns in sein Fahrzeug ein. Trotz der Tatsache, dass er kaum ein Wort Englisch sprach, verstanden wir uns auf Anhieb, waren uns sympathisch und lachten über unsere Gestik und Mimik. Aufgrund der Optik des netten Mannes, seiner Lache und seiner Art im allgemeinen, fühlte sich Andreas sofort an diesen Mann erinnert (Inhalt nicht so ganz ernst; Gelächter ab 01:40):

Nachdem wir eine sehr abenteuerliche Straßenbaustelle passiert hatten und er uns direkt an der Stadtmauer abgesetzt hatte, schlenderten wir ein wenig durch die Altstadt, organisierten türkische Lira und suchten uns einen netten Platz um endlich – gegen 14Uhr – unser Frühstück zu uns zu nehmen.

Nachdem wir nun ausreichend gestärkt waren, starteten wir unseren Fußmarsch in das nahegelegene, ehemalige Ferienparadies Varosha. Bis 1974 Jahren war Varosha das größte Urlaubsparadies von Zypern. Sogar Elizabeth Taylor lag hier schon am Strand. Doch dann marschierten türkische Truppen in den Norden der Insel ein – und aus dem einst blühenden Ferienort wurde eine verlassene Geisterstadt, abgesperrt von einem Stacheldrahtzaun. Es war ein seltsames Gefühl durch die verlassenen Straßen zu wandern – ein bisschen fühlten wir uns, wie in Tschernobyl bzw. der nahegelegenen Stadt Prypjat.

Es war allerdings auch interessant zu sehen, wie schnell die Natur wieder die Oberhand gewinnt, wenn keine oder kaum Menschen anwesend sind und sich um die Gebäude kümmern. Schon der Weg zur Geisterstadt führte uns permanent an bewachten Sperrgebieten und Soldaten vorbei, auch einige Seitenstraßen in Varosha durften wir nicht betreten und wurden höflich, aber sehr bestimmt von den Sicherheitskräften „zurückgepfiffen“. Natürlich musste es auch hier wieder einen kleinen „Zwischenfall“ geben – in einem der verfallenen Gebäude betreibt die UN noch immer eine Art „Horch- und Spähposten“. Mel ließ sich von den Verbotsschildern nicht abschrecken und wollte ein Foto vom Gebäude machen … sofort flog die Eingangstür auf und ein bewaffneter Soldat wies nochmals sehr deutlich auf das Fotografie- und Filmverbot hin.

Tatsächlich waren wir von diesem Anblick so gefesselt, dass wir die Zeit etwas aus den Augen verloren hatten und unser Weg zum Bus nun etwas übereilt stattfinden musste. Da wir keinen direkten Weg durch die diversen Sperrzonen gehen konnten, mussten wir die etwas über 2km zum Bus sehr zügig zurücklegen.

Nachdem wir mit dem Bus Nikosia bzw. Lefkosa (die Hauptstadt Zyperns) erreicht hatten und unser Zimmer in einem „Hotel“ bezogen hatten – Andreas nannte es nur noch die „abgeranzte Alptraum-Kammer“ – verbrachten wir noch etwas Zeit in der Innenstadt mit einem kleinen Nacht-Sightseeing und lokalen Köstlichkeiten.

09.04.2023 – „Logistikprobleme“, perfekte Augen und zurück in die EU

Der nächste Tag startete einmal mehr ohne Frühstück und wir machten uns mit einem Kleinbus auf den Weg an die Nordküste, nach Girne. Dort wollten wir die imposante venezianische Festung mit historischer Natursteinkapelle, Schiffswrackmuseum und Hafenblick besichtigen.

Durch enge, verschlungene Gassen der Altstadt am Hafen erreichten wir die Festung und verbrachten hier einige Zeit. Leider war das Wetter an diesem Tag nicht unser bester Freund und es begann immer mal wieder zu regnen. Einen längeren Regenschauer verbrachten wir im Innenhof der Festung unter den Schirmen eines kleinen Cafés mit einem Snack und Getränken – auch einige Katzen und ein Hund leisteten uns, zunächst friedlich, Gesellschaft an diesem trockenen Plätzchen. Nach dem Schauer erkundeten wir weiter die Festung und Andreas ließ es sich nicht nehmen in jeden Gang zu gehen und die düsteren Katakomben hinab zu steigen.

Langsam wurde es jedoch Zeit, den Rückweg nach Nikosia anzutreten. Nach längerem Warten und suchen nach einem Bus für den Rücktransport kam uns glücklicherweise eine Einheimische zu Hilfe. Es war zwar möglich mit dem Kleinbus nach Girne zu reisen, für den Rückweg musste man jedoch ein Sammeltaxi organisieren.

Ein solches Taxi zu finden war tatsächlich weniger schwierig, als zunächst gedacht. Fast direkt neben der Bushaltestelle waren die Taxis zu finden – eine junge Dame wartete bereits im Taxi, während der Fahre tief und fest schlief. Langsam füllte sich das Taxi und unser Fahrer erwachte langsam. Während er von allen Fahrgästen das Geld einsammelte, verwickelte er uns in ein Gespräch … auf türkisch … „mükemmel gözlerin var“ (oder so ähnlich). Ein junger Fahrgast übersetzte zwischen uns und auf Andreas Gesicht bildete sich ein fettes, zufriedenes Grinsen: der Taxifahrer hatte ihm wiederholt gesagt, dass er „perfekte“ Augen habe. Was seine eigentliche Intention hinter dieser Aussage war, werden wir nie erfahren.

Zurück in Nikosia, nach einer sehr rasanten Fahrt, schlenderten wir erneut durch die Gassen. Wir fanden ein kleines Café kurz vor der Grenze und ließen es uns bei Kuchen und Kaffee bzw. Bier noch einmal gutgehen.

Wir übertraten die Grenze in den Süden Nikosias und landeten direkt in einer langgezogenen Einkaufsstraße mit hunderten Menschen. Für kurze Zeit erlitten wir einen „Kulturschock“ – ca. 10m hinter uns war die Türkei bzw. türkisches Gebiet und dort war es gefühlt sehr viel ruhiger gewesen.

Auch im südlichen Teil schlenderten wir ein wenig durch die Gassen, bevor wir in einem Eiscafé einkehrten. Nach kurzer Ruhe bestiegen wir den Bus zurück nach Paphos, den wir gerade noch so erreichten – der Fahrer hatte es eilig und wollte schon 6min vor der eigentlichen Abfahrtszeit starten.

Nach etwa 2 Stunden Busfahrt erreichten wir Paphos – Start und Ende unseres Aufenthalts auf Zypern. Nach einer gefühlten Ewigkeit erreichten wir unsere Unterkunft. Wir unterhielten uns kurz mit unserer Gastgeberin und versuchten ihren kleinen Malteser davon zu überzeugen, dass wir nicht der Feind waren.

Wir besuchten das beste und teuerste Restaurant der Stadt für unser letztes Abendessen. Das Essen war fantastisch und der Ausblick über die Stadt machte es noch besser. Mit vollen Mägen, schleifte Mel Andreas anschließend noch durch die nächtliche Altstadt. Wir entdeckten einen sehr schönen Platz, diverse Graffitis und, nachdem wieder starker Regen eingesetzt hatte, eine gemütliche Bar mit Heizpilzen. Satt, zufrieden und abgefüllt, fielen wir in unser Bett.

10.04.2023 – Ende einer Reise

ie in jedem Urlaub, gönnt Melanie selbst am letzten Tag Andreas keine Sekunde Ruhe. Einmal mehr ging es mit vollem Gepäck und ohne Frühstück in vollem Sprint in Richtung Bushaltestelle zum Flughafen. Wo Andreas eine ruhige Zeit vermutet hatte, hatte Mel einen teuflischen Plan geschmiedet und wollte Andreas vor Abfahrt des Buses noch über eine Ausgrabungsstätte schleifen – für Andreas gefühlt von der Fläche einer Großstadt. Doch diesmal streikte er, er hatte keine Lust mehr, ihm war es zu hektisch und unter lautem Schimpfen, dass es hier „eh nur kaputte, alte Steine gäbe“, schleppte er sich zu einer Bank in der Nähe des Ausgangs, während Mel das Gelände erkundete.

Unsere restliche Rückreise wurde nur noch durch die Zwischenlandung in Thessaloniki unterbrochen. Der nächste Anschlag auf Andreas: 4 Stunden bis zum Anschlussflug waren für Mel ausreichend. Also ab in ein Taxi und die knapp 20km vom Flughafen in die Innenstadt fahren zum Sightseeing.

Zumindest der Taxifahrer war freundlich und gab uns noch zahlreiche Tipps zu Sehenswürdigkeiten und Restaurants. Wir hetzten durch die Innenstadt und über die Promenade, damit Mel ihre Checkliste abhaken konnte. Es gab ein paar schöne Ecken, insgesamt war Thessaloniki aber eine typische, griechische Festland-Großstadt … groß, laut, hektisch, dreckig. Mel beschwichtigte Andreas Laune mit dem Besuch einer typischen griechischen Taverna, bevor wir – ohne ein Ticket gekauft zu haben – mit dem Bus zurück zum Flughafen fuhren.