Wir kamen 07:50 Uhr in Tabriz an. Eigentlich wollten wir direkt bei Ankunft schon die Tickets für die Rückfahrt kaufen, aber dann war Hamid, unser Guide für den heutigen Tag, schon da. Melanie hatte bei TripAdvisor von ihm gelesen und auch seine Telefonnummer dort gefunden. Während Melanie draußen vor dem Bahnhof nach Andreas suchte, saß er mit Hamid drin. Abrupt den Standort wechseln, das zeichnete Hamid aus, was Melanie im Laufe des Tages noch ziemlich zur Weißglut bringen sollte.
Hamid hatte für uns ein Auto mit Fahrer organisiert und so fuhren wir erst einmal zum Stadtpark, um dort auch zu frühstücken. Endlich mal ein anderes Frühstück – es gab Kartoffeln und Ei in einem Fladenbrot und natürlich Kaffee bzw. Tee. Anschließend gingen wir eine Runde um den See, der im Park lag. Wärmebedingt ignorierte Mel die Kopftuch-Regel. Jedoch ermahnte Hamid sie, das Kopftuch wegen möglicher „Probleme“ wieder aufzusetzen. Während wir durch den Stadtpark liefen, erzählte uns Hamid, dass er 50.000 US-Dollar in Aktien investiert hatte, die er dann aber (regierungsbedingt) verlor.
Wieder einmal erkannten wir die Parallelen zur ehemaligen DDR – er wartete bereits 7 Monate auf sein vollständig bezahltes Auto – wahrscheinlich mal wieder ein Samand. Nach dem gemütlichen Spaziergang fuhren wir zu den Colorful Mountains. Dort wanderten wir 1,5 Stunden durch die bunten Berge – eine wundervolle Landschaft und herrlich ruhig. Hamid hatte im Auto einen Picknick-Korb, aber leider waren dort nur Wasser und Gläser für ihn und den Fahrer verstaut. Gute Vorbereitung für eine Tour.
Während der Autofahrt erzählte uns Hamid von einer „Akademie“, die sich der Spiritualität widmet. Willkommen beim iranischen Ableger von Scientology. Melanie verfiel schnell in den Schlafmodus, während Andreas sich mit dem „akademischem“ Programm auseinandersetzen durfte. Nach einer Stunde Fahrt kamen wir in Kandovan an – dem sogenannten Felsendorf. Bedingt durch den Feiertag staute sich der Verkehr, sodass wir ein Stück zu Fuß in das Dorf laufen mussten. Tatsächlich wohnten noch immer ein paar wenige Menschen in den Felsenhäusern. Treppen rauf und runter erkundeten wir das Dorf.
Es wurden auch zahlreiche Souvenirs verkauft. Und so brachte uns Hamid auch in einen Teppichladen, um Tee zu trinken und einen Teppich zu kaufen, der natürlich auch als Tischdecke Verwendung hätte finden können. Wir lehnten einmal mehr dankend ab – so langsam konnten wir keine Teppiche mehr sehen.
Nach einer Stunde Erkundungstour machte sich Mel, suchtbedingt, auf die Suche nach Kaffee – erfolglos. Andreas ging währenddessen mit Hamid noch ein paar Etagen weiter hinauf und landete prompt in der nächsten Verkaufsshow – für eine Handtasche. Er lehnte erneut dankend ab. Danach steuerten wir mit Hamid planlos an der Promenade entlang. Eigentlich wollten wir Mittag essen, aber Hamid überlegte sich plötzlich noch zu einem Wasserbrunnen zu gehen, aus dem „besonderes“, heiliges, reinigendes und eiskaltes Wasser quoll. Andreas probierte das Wasser, während Hamid Andreas Habseligkeiten an sich riss und zunächst die Sonnenbrille fallen ließ – die Kamera blieb zum Glück unversehrt.
Alle Restaurants waren inzwischen voll besetzt. So gingen wir die Straße rauf und runter bis wir doch noch irgendwo, in einer Abstellkammer, einen Platz fanden. Melanie hatte gar keinen Hunger, da ihre Zahnschmerzen zurückgekehrt waren, aber sie wurde von Hamid und unserem Fahrer mit Brot und Kebab „zwangsernährt“. Um ihre Zahnschmerzen zu bekämpfen schlug Hamid vor, die Methode seines „Meisters“ anzuwenden – sie sollte für 5 Minuten die Augen schließen und den Schmerz ins Nirvana denken. Um nicht unhöflich zu sein, schloß Mel 5 Minuten lang die Augen und ihr werdet es nicht glauben – die Zahnschmerzen waren immer noch da. Unser Fahrer, der sehr nett war, segnete noch Mel’s Getränk. Mh – vielleicht half das etwas den Schmerz zu unterbinden. Andreas rückte währenddessen immer näher an unsere Sitznachbarn, 2 beleibten Polizisten um im Falle eines „Angriffs“ der Sektenjünger in Sicherheit zu fliehen.
Nach dem Essen fuhren wir nach Tabriz. Unweit des Felsendorfes legten wir noch einen kurzen Stopp an einem weiteren Dorf ein. Hier lebte niemand mehr, in den unterirdischen Behausungen, welche früher zum Schutz vor Angriffen errichtet worden waren. Die letzten Bewohner hatten die unterirdischen Steinbauten nach dem Iran-Irak-Krieg verlassen.
Während der weiteren Fahrt fragte uns Hamid, ob wir noch den Basar in Tabriz besuchen wollten. Als wir „Ja“ sagten, fiel ihm plötzlich ein, dass der Basar bereits geschlossen hatte. Also landeten wir in einem Café neben der blauen Moschee.. Mel’s letzter Kaffee lag inzwischen etwa 8h zurück und so langsam wurde ihr Blick immer „irrer“ – Andreas hatte nun die freie Wahl, von wem er angegriffen werden würde.
Wir steuerten einmal mehr planlos von Tisch zu Tisch, um uns nach 5 Minuten endlich zu setzen, nachdem dieser Tisch Hamids esoterische Gefühle nicht verletzte. Scheinbar war das Café der Treffpunkt aller Guides in Tabriz, denn es kamen immer mehr kleine Reisegruppen, die sich zu uns gesellten. Unter diesen Guides war auch ein junger Mann. Ein Student, der uns dann noch ein paar Highlights des geschlossenen Basars zeigte und uns noch einiges über Tabriz und die interessante Geschichte erzählen konnte. So gab es ein Gebäude, dass vom Baustil auch in Deutschland hätte stehen können – das Rathaus von Tabriz sah aus, wie ein typisches Rathaus in Deutschland.
Hamid und unser Fahrer brachten uns anschließend zum Busbahnhof. Kaum angekommen, rannte Hamid wieder einmal weg, ohne uns zu sagen, was sein Plan war. Obwohl wir ihm zig mal gesagt hatten, dass Pegah sich bereits telefonisch um unsere Bustickets gekümmert hatte, organisierte er weitere Tickets (für den wohl schlimmsten Bus in ganz Iran). Er wartete noch bis der Bus kam, obwohl Mel schon sichtlich genervt war und Ruhe brauchte. Sie ging sich noch einen Kaffee holen und als sie zurück kam, wollte Hamid mit ihrem offenen Rucksack und dem Gepäck loslaufen, um wieder den Standort zu wechseln. Mel explodierte. Während Andreas schon in Deckung sprang, nahm Hamid diese Explosion lediglich als negative Schwingungen wahr. Zum Glück kam endlich der Bus. Haken dran und auf nach Teheran.
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