Nachdem wir am Abend zuvor Mudassirs Rat gefolgt waren und uns nach dem Abendessen noch nach alter Tradition gegen 20:30 Uhr eine „Spezialsuppe“ (leicht säuerlich und schön scharf mit viel Gemüse, Eierstich, Champignons und Huhn) auf das Zimmer hatten bringen lassen, hatten wir sehr entspannt geschlafen. Nach unserem letzten, gemeinsamen Frühstück blieb noch etwas Zeit, um den Garten des Hotel Himalaya in Skardu zu bewundern. Der Hotelmanager nutzte direkt die Chance und so durften wir uns noch im Gästebuch verewigen und wurden für soziale Medien 2mal interviewt und dabei auf Film festgehalten. Dass er dabei aus Andreas Vornamen unsere neuen Nachnamen herleitete und so aus und Mr. und Mrs. Anderson wurde, störte uns nicht – ein Hoch auf ein wenig Privatsphäre bei Facebook und co.
Wir hatten noch ein wenig Zeit, bis unser Flug vom lokalen Flughafen zurück nach Islamabad gehen sollte. Die Zeit nutzten wir, um noch einmal etwas Geld abzuheben und ein wenig Datenvolumen auf die SIM-Karte zu laden. Anschließend fuhr uns Mudassir noch zu einem kleinen See am Rande der Wüste, an dem wir noch ein wenig entspannen konnten.
Doch schon bald regte sich der „innere Deutsche“ in Melanie und sie war etwas besorgt, dass wir unseren Flug verpassen würden. Wir starteten also umgehend in Richtung Flughafen, um nach ca. 30 Minuten Fahrt dort anzukommen. Nachdem das Fahrzeug auf Bomben und ähnliches untersucht worden war, stellten wir fest, dass unser Flug bereits eine Verspätung von 45 Minuten haben sollte. Glücklicherweise verabschiedeten wir uns bereits vor dem Security-Check ausgiebig von Mudassir – auf beiden Seiten mit einem Kloß im Hals – denn, trotz Versicherung mehrerer Sicherheitsleute, durften wir das Flughafengebäude nicht wieder verlassen. Letztendlich startete unser Flug dann tatsächlich nur mit 10 Minuten Verspätung und wir waren zurück auf dem Weg nach Islamabad – eigentlich dem geplant letzten Ziel unserer Reise.
Aber nur eigentlich, denn spontan hatten wir uns entschieden den Plan zu ändern und nicht 2 volle Tage in Islamabad zu verbringen. Stattdessen wollten wir unbedingt noch Lahore und insbesondere die allabendliche Flaggen-Zeremonie an der pakistanisch-indischen Grenze sehen.
Nachdem wir in Islamabad gelandet waren, hatte Shuja (einer der Inhaber von Discovering Pakistan) bereits Bustickets für uns nach Lahore organisiert. Während wir am Flughafen auf Abholung warteten, ergaben sich wieder mehrere nette Gespräche mit Einheimischen. Kleiner Tipp am Rande: wenn ihr gewissen Diskussion über Religion aus dem Weg gehen wollt, so empfiehlt es sich manchmal doch eine kleine „Notlüge“ zu bemühen und so waren wir – schweren Herzens ob der kleinen Lüge – kurzzeitig Christen.
Auch die Abholung am Flughafen verlief interessant. Irgendwann gesellten sich 2 Männer zu uns, die am Flughafen arbeiteten. Beide waren Bekannte von Shuja und erklärten und, dass wir auf der falschen Ebene warteten. Die Ebene, auf der wir warteten, war für den normalen Verkehr gesperrt. Also luden sie uns und unser Gepäck kurzerhand in ein Fahrzeug des Flughafens und brachten uns zu einer nahen Tankstelle, zu der sie ein Uber für uns bestellt hatten. Alle warteten, bis der Uber eingetroffen war, uns wurden von den beiden noch Getränke spendiert und herzlich verabschiedeten sie uns.
Am Busterminal hatten wir noch 90 Minuten Wartezeit, bis unser Bus abfahren sollte und mehr als pünktlich ging die Reise auch los. Kurz wurden alle Insassen des Busses, sowie die Uhrzeit mit einer Videokamera gefilmt und auf die Sekunde genau, um 16 Uhr starteten wir.
Nach 4 Stunden Fahrt kamen wir an einem der unzähligen Busterminals in Lahore an (jedes Busunternehmen besitzt eigene Terminals). Shuja erwartete uns bereits persönlich und brachte uns zunächst in unsere Unterkunft, wo wir uns ein wenig frisch machen konnten.
Den restlichen Abend verbrachten wir mit einem ausgezeichneten Abendessen, Tee und damit durch die Seitengassen von Lahore zu spazieren. Das Abendessen verbrachten wir auf der Dachterasse eines wirklich sehr guten Restaurants, mit direktem Blick auf die nahe Badshahi-Moschee – der zweitgrößten Moschee Pakistans und einer der größten Moscheen weltweit. Shuja bestellte Unmengen an Essen (Barbecue, Brot, Hühnchen, Rind, etc.) und so wunderte es uns einmal mehr, dass wir für das gesamte Essen für 3 Personen, inklusive Getränken, nur etwa 25€ bezahlten. Anschließend genossen wir noch einen Tee aus typischen Tonbechern und erkundeten die Gassen rund um die Altstadt von Lahore – der sogenannten Walled City.
Während wir – trotz der Uhrzeit – durch die hektischen Gassen schlenderten und eine lokale Süßspeise probierten (eine Art sehr süßer Milchreis), waren wir wirklich beeindruckt, wieviele Menschen hier unterwegs waren. Aber eigentlich war dies nicht verwunderlich, da wir uns in der zweitgrößten Stadt Pakistans mit etwas über 11 Millionen Einwohnern aufhielten – wir kommen eben doch nur „vom Dorf“. Auch der Straßenverkehr war für uns Durchschnitts-Europäer überwältigend und verwirrend zugleich. Obwohl sich niemand an Regeln zu halten schien, funktionierte es, jeder floss irgendwie mit dem Strom und nahm zugleich Rücksicht auf jeden Anderen. Zurück im Hotel verabredeten wir uns für den nächsten Tag um 09 Uhr mit Shuja – oder besser gesagt für denselben Tag, da es bereits kurz nach 01 Uhr morgens war.
Indien sehr nah
Den nächsten Tag starteten wir mit leichter Verspätung. Shuja traf erst gegen 10:30 Uhr am Hotel ein. In der Zwischenzeit hatte Mel, im Austausch gegen eine Zigarette, im Hotel heißes Wasser in einer Plastikflasche erhalten, um wenigstens einen Kaffee zu trinken. Natürlich war die Flasche durch die enorme Hitze verformt und Mel verbrannte sich prompt die Finger.
Unser erstes Ziel für den heutigen Tag war eine Zitadelle mitten in Lahore – das Lahore Fort. Das Fort selbst war sehr beeindruckend, gehört zum UNESCO-Weltkulturerbe und stammt vermutlich aus dem 11. Jahrhundert. Wir bestaunten die Gärten, etliche Tore, Gebäude und die sogenannten Elefantentreppen. Fast die gesamte Anlage war so angelegt, dass die damaligen Herrscher alle Örtlichkeiten auf dem Rücken von Elefanten erreichen konnten. Am Ende unserer Tour, am Ausgang des Forts, kaufte Shuja Andreas ein kleines Spielzeugboot, welches von Dampf angetrieben wurde und Andreas inneres Kind glücklich machte.
Nach einer kurzen Stärkung besichtigten wir noch die Badshahi-Moschee. Es war zwar erst vormittags aber bereits unglaublich warm und der Schweiß lief uns den Rücken hinunter. Glücklicherweise waren die Regeln in Lahore nicht so strikt und so durfte Mel die Moschee auch ohne Kopftuch und zusätzliche Verschleierung betreten – es genügte die Schuhe auszuziehen. Im Inneren der Moschee trafen wir noch 2 Touristen aus Deutschland und verschwatzten eine kleine Weile. Leider konnten wir nicht alle Teile betreten, da inzwischen Gebetszeit war. Zurück am Fahrzeug ließ Shuja zunächst 10 Minuten die Klimaanlage im Fahrzeug laufen, bevor wir überhaupt daran denken konnten, uns in das Auto zu setzen. Natürlich verbrannte er sich erst einmal die Finger am heißen Lenkrad.
Bevor wir Lahore in Richtung der indischen Grenze verließen, versuchten wir noch für Mel Kühlschrankmagneten zu erstehen – leider ohne Erfolg. Der Weg zur Grenze sollte noch etwas über eine Stunde in Anspruch nehmen und führte uns durch die riesige Stadt Lahore, kleinere Vororte und Dörfer. In einem dieser Vororte wäre unsere Reise fast zu einem abrupten Ende gekommen, als wir in einer Sackgasse landeten und Shuja beim zurücksetzen das Auto kurzzeitig in einem riesigen Loch mitten in der Straße „versenkte“. Glücklicherweise gab es keine Schäden und so erreichten wir pünktlich vor der Zeremonie die Grenze.
Nach etlichen Sicherheitskontrollen – immer eine riesige pakistanische Flagge im Blick (Shuja meinte, diese sei knapp 100m groß) – kamen wir an Tribünen an und uns wurden Sitzplätze zugewiesen. Gespannt warteten wir in der prallen Sonne auf den Beginn der Zeremonie. Wann diese nun genau beginnen sollte, war leicht unklar. Auch der Umstand, dass Mel’s und Andreas Handy sich offenbar in unterschiedlichen Zeitzonen befanden und dadurch unterschiedliche Uhrzeiten anzeigten, machte es nicht unbedingt leichter. Das ganze Umfeld erinnerte auf jeden Fall an ein Volksfest. Wer wollte, konnte sich im Gesicht bemalen lassen, Flaggen kaufen und aus riesigen Lautsprechern dröhnte laute Musik. Das gleiche Bild sah man auf der indischen Seite der Grenze, mit der Ausnahme, dass das Ganze noch ein wenig mehr auf die Spitze getrieben wurde und dort sehr viel mehr Menschen anwesend waren (vermutlich der Tatsache geschuldet, dass in Pakistan Ramadan war). Die ganze Szenerie und die folgende Zeremonie wirkten für uns befremdlich (aber im positiven Sinne) und bevor wir viel schreiben, lassen wir Bilder und ein Video sprechen.
Nach der Zeremonie wurden noch etliche Fotos mit uns geschossen und es kam sogar ein kleiner Streit auf, welche Gruppe Einheimischer als Nächstes mit uns posieren durfte. Eigentlich hatte ein Bekannter von Shuja uns zu sich nach Hause für ein zünftiges Iftar eingeladen. Doch leider wollten wir unbedingt die Zeremonie in Gänze sehen und der Weg in das Dorf hätte uns 2 Stunden gekostet, sodass wir schweren Herzens und mit schlechtem Gewissen absagten. Dennoch lernten wir noch einen Freund von Shuja kennen, der uns in Lahore zu einem schnellen, abermals köstlichen, Essen einlud, bevor wir – gerade noch pünktlich – um 20Uhr in den Bus zurück nach Islamabad stiegen. Wieder kam es zu einer herzlichen Verabschiedung mit Umarmungen. Danke Shuja für die schönen Erlebnisse.
Kurz nach 01 Uhr morgens am 25.04.2022 erreichten wir wieder das Busterminal in Islamabad, wo wir einen alten Bekannten wiedertrafen.
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