Der nächste Morgen startete für uns sehr entspannt gegen 07Uhr mit einem kleinen Frühstück – pakistanisches Omelett (Omelett mit diversem Gemüse und Chili), Toast, Butter, Marmelade, Tee und Kaffee. Leider kamen wir nicht ganz so pünktlich zurück auf die Straße und so starteten wir unsere heutige Tour erst kurz vor 10Uhr, nachdem Mudassir Melanie noch ein paar frische Blümchen gepflückt hatte.

Relativ schnell nach dem Start passierten wir die Grenze zur Region Gilgit-Baltistan. Ahmad gab uns dabei den Hinweis, dass von nun an die Leute etwas anders aussehen würden – so ganz verstanden wir nicht, was er damit meinte. Während wir förmlich über die engen, kurvenreichen Straßen flogen, sahen wir immer wieder Hinweisschilder am Straßenrand, welche uns leicht schmunzeln ließen. „Driving faster can cause disaster“ und „Road is hilly, don’t be silly“ waren aber auch schon echte Hingucker.

Wieder führte uns unser Weg über stellenweise sehr enge Straßen, eine 3km lange Passage war zudem besonders Erdrutsch-gefährdet. Mudassir lenkte das Gefährt wie gewohnt über Stock und Stein und ließ sich auch durch LKWs im Gegenverkehr absolut nicht aus der Ruhe bringen. In absoluter Ruhe jonglierte er im Rückwärtsgang unseren Wagen – einmal mehr ohne Leitplanken – nur wenige Zentimeter vom Abgrund entfernt.

Wir passierten auf der Tour mehrere sehenswerte Stellen: die 3 Mountains View Range, den Berg Rakaposhi, den Punkt an dem die Indische und Eurasische Kontinentalplatte miteinander kollidierten, heiße Quellen und einen noch sichtbaren (restaurierten) Teil der alten Seidenstraße. Wieder einmal war die Landschaft atemberaubend und wir wussten erneut nicht genau, wo wir zuerst hinschauen sollten.

Nach einiger Zeit kamen wir dann auch im Hunzatal, oder genauer gesagt in Karimabad an. Hier sollte am heutigen Tag noch etwas Kultur auf dem Programm stehen und so begaben wir uns alle zusammen auf den Weg in Richtung eines alten Forts. Angekommen im Altit Fort wurden wir direkt von einem älteren Herrn begrüßt, welcher uns die nächste Zeit durch die Räumlichkeiten führte, allerhand Lustiges und Interessantes über Fort, Menschen und Geschichte zu erzählen wusste.

So erfuhren wir, dass der damalige Herrscher seinen „rebellischen“ Bruder bei lebendigem Leibe in einem Raum des Fort, in dem auch der Wein hergestellt und gelagert wurde, in eine Säule einmauern ließ – die Leiche ist noch heute vor Ort. Nun werden viele sagen: Moment!? Wein und Islam? Ja! Das Fort Altit ist ca. 1100 Jahre alt und nicht immer in der Geschichte des Islam gab es ein striktes Alkoholverbot. Auch zeigte uns unser Guide noch den Hinrichtungsplatz. Dort wurden Gefangene auf die Knie gezwungen, an Händen und Füßen gefesselt und einfach die 300m steile Felswand hinuntergestossen. Als wir an diesem Ort standen und in die Tiefe blickten, bekamen wir ein Gefühl dafür wie schrecklich die letzten Momente dieser Menschen gewesen sein müssen.

Nicht unweit von diesem Platz gab es eine Stelle, welche die Royal British Army in den 1800ern für eine Aufnahmeprüfung nutzte. Ein Rekrut musste sich würdig erweisen, indem er von der Fortmauer einen ca. 2m weiten Sprung auf einen senkrecht in die Höhe ragenden Felsen und wieder zurück wagte. Entweder man schaffte dies, oder fiel 300m in die Tiefe – ein für uns heute seltsames Ritual und keiner von uns wollte diese Mutprobe wagen.

Nachdem wir noch ein wenig durch die Gärten des Forts und die umliegenden Gassen gewandert waren, ging es für uns alle zunächst zurück in unsere Unterkunft, das schön gelegene Mulberry Hotel mit wunderschöner Aussicht. Nachdem wir uns wieder einmal mehr mit super leckerem Essen vollgestopft hatten – heute gab es Hühnchen mit Reis und eine lokale Suppe – entschieden wir uns, noch ein wenig durch die Straßen zu schlendern.

So stießen wir auf einen kleinen Laden, das Hunza Weaving Center in dem mehrere Männer zusammen saßen, erzählten und lachten. Ahmad wollte uns diesen Laden eigentlich nur wegen dem riesigen, ausgestopften Steinbock zeigen, der im Schaufenster stand und vom Ladeninhaber persönlich erlegt worden war. Nach einer Weile lernten wir diese „Legende“ kennen und wir unterhielten uns etwa 30 Minuten.

Der Ladenbesitzer war ein bekannter Jäger im Hunzatal, Er hatte tatsächlich viele Fotos in seinem Laden hängen: von der Jagd über Staatsbesuche bis hin zu einem Filmset. Er hatte irgendwann in den 60er Jahren nicht nur die Kostüme für einen Hollywoodfilm geschneidert und den Dreh als Experte beraten, sondern auch von in dem Film mitgespielt. Das Gespräch war sehr angenehm und interessant, der Ladenbesitzer sehr symphatisch, nicht aufdringlich und war auch nicht auf Zwang darauf aus, irgendetwas zu verkaufen. Im Gegenteil. Als Ahmad Andreas einen lokalen Hut mit einerFeder aufsetzen wollte, wurde er vom Inhaber mit dem Hinweis gestoppt, dass diese Art von Kopfbedeckung für Europäer nicht passend wäre.

Nachdem wir uns verabschiedet hatten, gingen wir noch ein Stück, kauften ein paar Trockenfrüchte (u.A. Aprikosen) und gingen anschließend „zeitig“ ins Bett um wenigstens noch 5 Stunden Schlaf zu bekommen.